27.05.2022 - Mein erster Schultag mal anders rum
Über mehrere Wochen bereite ich mich auf den letzten Dienstag vor. Anfangs Jahr erkläre ich mich dazu bereit, die Funktion als Lehrbeauftragter an einer technischen Fachschule in Winterthur anzunehmen. Damals kommt sie wie aus dem Nichts, diese Anfrage. Spontan sage ich zu - getreu meinem Motto: Die Tür steht offen, ich darf einfach noch ja dazu sagen. Also rein ins nächste First-Time-Happening. Als ich zusage, weiss ich nicht genau, was auf mich zukommt und dennoch bin ich begeistert von der Vorstellung und ich arbeite leidenschaftlich gerne an der Erstellung des 3-tägigen Kurses. Ich selber lerne dabei sehr viel Neues, wie ich über mehrere Stunden verteilt das Unterrichtsmaterial für die Teilnehmer zusammenstelle. Mir ist vor allem wichtig, keinen Frontalunterricht zu erteilen, sondern die Teilnehmer aktiv in den Tagesablauf zu integrieren. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass ich mich genau dann weiterentwickle, wenn ich aktiv bin und ins Tun komme. Nur vom Hörensagen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Ich stehe also da am besagten ersten Schultag. Auf jedem Tisch liegen fein säuberlich platziert die Kursunterlagen, sowie ein Schwamm und ein Schöggeli. Den Schwamm schenke ich den Teilnehmern als Metapher, möglichst viel aufsaugen zu können und das Schöggeli bekommen sie als Zeichen der Wertschätzung, dass ich sie unterrichten darf. Erwartungsvoll richten sich 44 Augen auf mich. Um mir selber Sicherheit zu geben, habe ich vor allem den Anfang mehrmals wie an einer Hauptprobe durchgespielt. Die Vorbereitung zahlt sich aus und ich gewinne mit jeder Minute vor der Klasse mehr Sicherheit und habe das Gefühl, diese Arbeit schon länger als nur ein paar Minuten auszuführen. In den verschiedensten Situationen der Interaktion darf ich mein über die letzten zwei Jahre erlerntes Wissen anwenden und auch weitergeben. Ich spüre eine grosse Leidenschaft in dem, was ich tue. Die kindliche Angst, vor Leute zu sprechen ist wie die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Ja, ich habe einen grossen Schritt in meiner persönlichen Entwicklung gemacht, denn noch vor zwei Jahren hätte ich mir dies kaum zugetraut.
In den ersten 8 Lektionen lerne ich sehr viel und schreibe dies abends auf:
- Jeder Mensch darf in seiner Einzigartigkeit ohne Bewertung und urteilsfrei wahrgenommen werden.
- Aktives Zuhören und interessierte Fragen zu stellen baut Vertrauen auf.
- Sich verletzlich zu zeigen, schafft Nähe.
- So zu sein, wie man ist, inklusive aller Schwächen, ist authentisch und ehrlich.
- Positive Glaubenssätze sind mehr als 50% für ein gutes Gelingen.
- Sich selber reflektieren zu können dient der eigenen Weiterentwicklung.
- Wertneutrales Feedback anzunehmen bringt mich weiter.
- Jeder Mensch kann viel mehr schaffen, als dass er denkt.
- Ruhe ausstrahlen zu können, schafft Ruhe.
- Spontanität ist wie das Salz in der Suppe.
- Flexibilität schafft Raum für positive Überraschungen.
Und vor allem erbringe ich mir selber den Beweis, dass es nie zu spät ist, Neues anzugehen. Mutig zu einer neuen Aufgabe "ja" zu sagen, öffnet Tür und Tor. Ein "nein" haben wir in jeder Situation schon auf sicher. Doch ein "nein" bringt uns selten einen Schritt weiter. Ein "ja" motiviert uns, weitere Male etwas anzunehmen trotz Unsicherheiten und vielen Fragen. Ein "nein" treibt uns hingegen Schritt für Schritt zurück in den innersten Kern der Komfortzone, wo keine Entwicklung möglich ist.
Zu was hast du kürzlich spontan und auch mutig "ja" gesagt, obschon du nicht wissen konntest, was genau auf dich zukommen wird? Ich bin gespannt - schreibe es mir!