23.07.2021 - Dein Wecker - Dein Freund oder dein Feind?       

Noch sehr gut mag ich mich zurückerinnern an meine Lehrzeit vor 32 Jahren. Der damalige Lehrbetrieb schreibt auch den Lehrlingen vor, pünktlich um 6.30h auf der Matte zu stehen und mit den Arbeiten zu starten. Akrobatische Luftsprünge fliessen dadurch frühmorgens nicht in meinen Alltag ein. Als begnadeter Morgenmuffel ist es tagtäglich eine Qual, wenn mein Wecker um 5.45h den Sirenenalarm auslöst. Von der Erdanziehung immer noch fest in der Matratze liegend, verlasse ich das Bett erst, wenn meine Mutter als zweiten und ultimativen Wecker amtet und mich darauf hinweist, dass es Zeit sei, aufzustehen. Müde, wort- und antriebslos esse ich mein Frühstück und stecke später um 6.29h die Karte für die Arbeitszeitkontrolle in die Stempeluhr und Klick, es kann losgehen.

Jahre später, ich bin nun berufstätig und verbringe die Wochen mit gewissenhaftem Arbeiten von Montag bis Freitag, freue mich schon zu Beginn der Woche auf das Wochenende und kaum hat dieses begonnen, mag ich den Gedanken nicht ertragen, dass es schon bald wieder Montag und das Wochenende derart kurz sein wird. So vergeht Jahr um Jahr. Was sich jedoch ändert ist die Tatsache, dass mir das Aufstehen allmählich einfacher fällt. Ja ich folge dem Wecker über Jahre hinweg jeweils zwischen 5h und 5.30h, ohne zu meckern und ohne zu jammern. Ich mache es aus purer Gewohnheit, ohne mich zu hinterfragen. Heute, das Frühmorgenprogramm aus eben dieser Zeit im Rückspiegel betrachtet, realisiere ich, dass es eine extrinsische Motivation (ich muss zur Arbeit) war, welche mich veranlasste, dem Wecker zu gehorchen. Wie freiwillig, und ich meine wirklich freiwillig früh aufstehen funktioniert, also wie ein Kind mit einer riesigen Vorfreude aufs Christkind an Weihnachten, ja dieses Szenario steht in einem ganz anderen Buch geschrieben.

Auf genau dieses lesenswerte (und auch empfehlenswerte) Buch bin ich inzwischen glücklicherweise gestossen, obschon ich nicht danach gesucht habe. Es braucht da schon eine weltweite Pandemie und siehe da, plötzlich fallen einem sogar ganze Bücher vor die Füsse. Es folgen Wochen und Monate, ja inzwischen ist es bereits über ein Jahr so, mit wenig Arbeitsstunden aufgrund der Kurzarbeitssituation. Schaut für einen ehemaligen Morgenmuffel nach einer Steilvorlage aus, sich dem früheren Dasein wieder einmal anzuvertrauen und das Ausschlafen endlich zur Leidenschaft Nummer 1 zu erklären. Ja, ich versuche zumindest, mir damit ein neues Hobby anzueignen und ganz ehrlich, das hat schon was, etwas länger liegen zu bleiben. Soweit so gut. Einen Wandel dieser Betrachtungsweise erlebe ich erst, als sich mir meine Zukunft plötzlich ganz klar vor meinem inneren Auge präsentiert. Ich habe ein neues langfristiges Ziel erschaffen, eine klare Vision von den nächsten Jahren und genau dieses Geschenk spornt mich heute jeden Tag aufs Neue an, freiwillig um 5.30h mit guten Emotionen aus dem Bett zu steigen. Ich habe mein klares und ehrliches Warum für dieses Zukunftsziel gefunden und dadurch eine intrinsische Motivation (ich will etwas erreichen) entwickelt, sowie den Wecker definitiv zum Freund erklärt. Diese Motivation ist der Antrieb für mein tägliches Morgenritual.

Ich durfte somit vom Ich-MUSS-Aufsteher zum Ich-WILL-Unbedingt-Aufsteher aufsteigen. Es ist so viel schöner in den Tag zu starten, wenn man sich ein Warum zurechtgelegt hat. Und falls dieses Warum aus ganz tief innen kommt, dann ist das Aufstehen bereits die erste Krönung des neuen Tages. Dann steckt bereits in den ersten Minuten im neuen Tag extrem viel Energie.

Frage auch dich mal, wann du lieber aufstehst? Wenn du nach dem Frühstück in die Ferien fahren willst oder du zur Arbeit gehen musst?