21.01.2022 - Was wir von kraftvollen Kindern lernen können        

Sehr gut mag ich mich an eine kleine und kurze Begebenheit erinnern von anfangs Jahr im bündnerischen Davos. Nach einem gemütlichen Beisammensein mit lieben Freunden unter freiem Himmel und feinen Getränken kehren wir mit ersten Anzeichen von Frostbeulen zurück in die gemeinsame Ferienwohnung. Die anwesenden Kinder sind sofort bereit, uns in der Küche tatkräftig zu unterstützen. Die Zubereitung des Nachtessens ist somit im Schnellzugstempo erledigt. Als Belohnung widmen wir uns sodann dem kleinen Apéro-Plättli vor dem bereits lecker duftenden Abendessen. Am grossen Tisch bekommen wir alle ein herzhaft feines Essen, welches wir grossenteils den Kindern zu verdanken haben. Ich hege keine Zweifel mehr, dass bei diesen Jungköchen grosses Potential besteht, einmal eine grosse Kochkarriere starten zu können. Die Türen stehen ihnen auf jeden Fall offen.

Unsere Bäuche sind prall gefüllt, die nachmittägliche Kälte und die anschliessende Wärme wirken wie Baldrian auf unsere Körper. Hätten wir uns gemütlich hingelegt, ja wir wären wohl binnen Sekunden in einen Tiefschlaf entschwunden. Da funktionieren Kinder anders. Wie man sie kennt, drehen sie auf, wenn wir müde sind und in Ruhe gelassen werden wollen. Das Thema Müdigkeit ist bei ihnen vor allem dann wie weggeblasen, wenn sie am Samstag ohnehin länger aufbleiben und zur Not den Abend vor dem Fernseher verbringen dürfen. Immer wieder bin ich begeistert von den Kinderideen, die auch zu später Stunde entworfen werden. Wie zum Himmel kommt ein Kind auf die Idee, einen im Dämmerzustand befindlichen Erwachsenen zum Armdrücken herauszufordern? Klar, er wittert die Chance auf einen Überraschungssieg. Ich bin es, der vom Jungen an den Tisch gebeten werde. Gut, als Ausdauersportler sage ich mir, dass etwas Spätsport kaum Schaden anrichten kann und es meine Vitalität allenfalls wieder auf ein höheres Niveau bringen kann. Auf drei geht's los und ich bin gleich wieder wach, als ich unvorbereitet und kraftvoll realisiere, wie viel Power bereits in diesen jungen dünnen Armen steckt. Und ich erkenne am Gesichtsausdruck meines Gegenübers, dass er auf All-In geht. Ich sporne ihn sogar an, auch verbal aktiver zu werden, um die Muskeln noch mehr zu aktivieren. Seine Geräusche aus dem Mund verbinden sich mit einer starken, ausdrucksvollen Mimik, die den vollen Einsatz wiederspiegeln. Wir revanchieren uns hin- und her, am Schluss einigen wir uns auf ein faires Unentschieden und ich klopfe meinem Gegner gratulierend auf seine Schulter. Doch die vermeintliche Ruhe nach der Kraftsporteinlage währt nicht lange. Jetzt wollen es auch die Mädchen noch mit mir aufnehmen. Sie sind absolut überzeugt, dass sie das Remis von vorhin in einen klaren Sieg zugunsten der Kinder wandeln können. Gerne sage ich nochmals zu und lasse auch dem jüngsten Mitglied des Teams "Kind" die Chance, meine Fingerknöchel auf die Tischplatte zu drücken. Noch lange werde ich mich an das lachende und vor unbändigem Stolz verzierte Gesicht erinnern.

Aus dieser kleinen Geschichte mit Kindern dürfen wir eine Portion Entschlossenheit für Erwachsene mitnehmen. Ich schneide gerne eine Scheibe ab für den Nachwuchs. Kinder zeigen uns immer wieder, was uns als Erwachsenen im Leben ab dem Erwachsensein entgeht. Rationale Überlegungen hindern uns, einfach etwas zu wagen auch wenn die Chancen sehr gering sind. Da ich selber keine Kinder habe, ist es immer aufs Neue bereichernd zu erfahren, was ich von den Kindern lernen darf. Das kleine Armdrück-Turnier hat mir gezeigt, wie mutig, unbekümmert und vor allem euphorisch die Kinder Dinge angehen. Auch wenn es am Ende nur zu einem Unentschieden gereicht hat, ist wohl der Kinderstolz grösser als es nicht versucht haben, gegen mich anzutreten.