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13.01.2021 - Warten
Ist das Leben ein Wartesaal? Die meisten von uns warten, wobei viele nicht wissen, dass sie warten und worauf sie warten.
Ich spule ein paar Tage zurück. Wir wissen zumindest, dass wir am besagten Tag ganz sicher spazieren gehen werden. Ein Tag ohne Bewegung draussen an der frischen Luft ist für mich wie stundenlanges Fernsehen - beides absolut nicht vorstellbar.
Nach dem Frühstück warten wir zuerst mal ab, wir warten auf die Sonne, die uns den Spaziergang bei der aktuellen Bisenlage etwas angenehmer gestalten soll. Es ist nicht ein Warten im eigentlichen Sinne des Wartens, des sich die Zeittodschlagens, nein vielmehr ist es gut genutzte Wartezeit. Ja, Warten darf man getrost auch als angenehme Zeit betrachten, auch wenn das Wort und die Tätigkeit "Warten" aus der Vogelperspektive eher negativ gefärbt ist.
Ich realisiere, dass das heutige Thema ein Fass ohne Boden ist, es gäbe so unglaublich viel über das Warten zu schreiben. Gestatte mir drum, zu Beginn dieses Jahres hier in einem positiven Licht über das Thema zu philosophieren.
Obschon ich eher ein ungeduldiger Zeitgenosse bin, habe ich mir die schönen Seiten des Wartens verinnerlicht. Oftmals sind wir nicht in der Lage, etwas an der Situation zu ändern, wenn wir warten müssen. Wir sind nicht in der Lage, die Ampel manuell von rot auf grün umzuschalten, es ist uns nicht möglich, eine Verspätung in der S-Bahn ungeschehen zu machen, wir können einen Menschen nicht zu uns beamen, der einen Termin vergessen hat und dadurch 30 min später kommt. Also warten wir und was tun wir denn da genau? Genau, meistens nicht die grossen Sprünge. Aber wir hätten die Möglichkeit, dies zu ändern und die guten Seiten all dieser Situationen zu erkennen. Wie wäre es, anstatt sich über die Warterei beim Rotlicht zu ärgern, sich mal ganz bewusst auf das Musikstück im Radio zu konzentrieren? Wie wäre es, die Zeit bis zum Eintreffen des verspäteten Zuges zu nützen, um einfach ein paar Schritte zu gehen? Wie wäre es, anstatt sich über den unzuverlässigen Menschen zu ärgern, sich Gedanken zu machen, wie ich ihn trotzdem ganz freundlich und wohlwollend, ohne Wut und Tadel, begrüssen werde?
Das Warten gibt uns stets unzählige, oftmals auch unverhoffte Gelegenheiten, mal etwas zurückzulehnen, etwas zu tun, was wir ohne das Warten bestimmt nicht tun würden.
Drum dies heute einfach als kleine Anregung für einen verspäteten Neujahrsvorsatz: Gib der Warterei die Gelegenheit, unverhofft aufkommende freie Zeit sinnvoll zu nutzen.