11.06.2021 - Medien - warum nur?       

Wir lesen Zeitungen, um zu erfahren, wer im Dorf nebenan einen illegal gepflanzten Christbaum wieder fällen muss. Wir bekommen eine Push-Nachricht, um informiert zu werden, dass im hintersten Ecken der Schweiz ein Motorradfahrer 10km/h zu schnell auf dem Waldweg unterwegs ist. Wir schauen gewohnheitsgemäss die Nachrichten in der viereckigen Kiste, um zur Kenntnis zu nehmen, dass es auf Hawaii eine Falschmeldung zu einem vermeintlichen Tsunami gibt. Wir hören im Radio stündlich, oft auch unbewusst, dass am Gotthard wieder Osterstau gefeiert wird, während wir gemütlich zu Hause ein Glas Wein geniessen.
Ja, die Medien in den verschiedensten Aufmachungen haben uns permanent im Griff mit ihren Berichterstattungen über das Geschehen auf jedem Flecken dieses Planeten. Ohne gezielt darauf zu achten, was wir denn wirklich wissen wollen, zwingen sie uns auf, was wir von ihnen erfahren sollen. So krass es sich liest, so wahr ist es: Wir sind News-Sklaven und lassen alles in unser Hirn, was uns serviert wird. Wie der geneigte Leser sicher schon seit längerem weiss, ist eine Meldung, die viel Interesse bewirkt, tendenziell eine Meldung mit wenig positivem Charakter. Wie sonst soll etwas für Aufsehen sorgen? Daneben gibt es noch die Lückenfüller-News, stets lesenswert, wenn man am Feierabend endlich am Punkt der totalen Langeweile angekommen ist. Wie sonst lässt es sich erklären, dass moderne Menschen wissen wollen, dass dieses Jahr nur 35% der regionalen Kaninchenzüchter an der Hauptversammlung anwesend sind, der Stadtrat sich uneinig ist bei der Farbwahl der neuen Kaffeemaschine oder die Bevölkerung empört ist über den etwas gewagten Jupe der Bundesrätin? Brauchen wir tatsächlich berieselt zu werden mit den Nachrichten, dass in der Sahara nach neuesten Erkenntnissen 100 Mio. Tonnen Sand abhanden gekommen sind oder dass in Asien ein neues Slowfood-Rezept für Schlangenfleisch die Bevölkerung in Atem hält?

Ich will damit nicht nur schwarz malen, natürlich sind da die News, die man gut und gerne wissen darf und die uns notfalls sogar einen Schritt weiterbringen mögen. Ein triumphaler Sieg eines Schweizers im Dart-Final löst sicherlich Glücksgefühle aus und verändert die Stimmung des News-Junkies positiv. Soweit alles gut und recht, auch ich sehne mich nach solchen wunderbaren Momenten, vor allem aus dem Sport. Leider verlieren sich jedoch viele dieser Good News irgendwo in den Mülleimern der Redaktionen, um den unbewusst destruktiven Informationen den Vorrang zu lassen.

Nehmen wir zurückhaltend mal an, dass wir pro Tag rund 30 Minuten News konsumieren, einfach so dem Konsum wegen, kommen so satte 180 Stunden pro Jahr zusammen. Viel Zeit, nicht? Das entspricht ungefähr einem Arbeitsmonat!! Ich bin überzeugt, dass auch ein langsamer Lesemuffel in dieser Zeit etliche Bücher lesen könnte mit dem Inhalt nach seinem Gusto, ohne dabei versklavt zu werden.

Einmal mehr ist es deine ganz persönliche Entscheidung, wie du mit deiner Zeit und schlussendlich mit den Medien umgehst. Vielleicht macht es dennoch Sinn, sich gelegentlich zu fragen, was genau dieser News-Müll mit dir anstellt. Auf jeden Fall erlebte ich es bislang noch nie, dass jemand nach dem Abspann der Tagesschau jubelnd, glücklich und mit Freudentränen durch das Wohnzimmer getanzt ist. Und falls es doch solche befreite Tänzer gibt, dann wohl aus dem Grund, dass das Geflimmer im Viereck endlich ein Ende genommen hat und nun Zeit für ein gutes Buch vorhanden ist.